Claudia Vierle : Camillo Schneider - Publikationen

14. Schneider und seine Publikationen

Abschließend soll nochmals auf die Vielfalt von Schneiders Interessengebieten, die sich auch in seinen Publikationen niederschlug, eingegangen werden. Die produktivste Phase umfaßte wohl die Zeit von seinem 24. Lebensjahr bis zum Aufbruch nach China im Alter von 37 Jahren. In dieser Zeitspanne verfaßte er neben den dendrologischen Werken, die ihm in Botanikerkreisen zu dauerhaftem Ansehen verhalfen, seinen gartenkünstlerischen Schriften, den Lehr- und Nachschlagewerken für den Landschaftsgärtner und -gestalter - hierunter fällt sein mehrmals neu aufgelegtes Buch über Vermessungskunde - sowie diversen Artikeln in Fachzeitschriften sogar ein Buch über ein sozialwissenschaftliches Thema. Inspiriert wurde er zu diesem Buch mit dem Titel „Die Prostituierte in der Gesellschaft" wohl durch die Diskrepanz zwischen seinen eigenen Erfahrungen und der öffentlichen Meinung. Die gerade aktuelle Frauenfrage, die auch andere fachfremde Autoren zu Schriften über das weibliche Geschlecht anregte [Anm.#348: vgl. z.B. „Die Kultur des weiblichen Körpers als Grundlage der Frauenkleidung" von Paul Schultze-Naumburg, erschienen 1910 in Jena. Im Gegensatz zu diesem Buch, das ästhetische und auf der Reformbewegung basierende Thesen, vermischt mit Schultze-Naumburgs Ansichten enthält, versuchte Schneider auch hier wissenschaftlich korrekt zu arbeiten, d.h. er achtete auf korrekte Quellenangaben und Kennzeichnung eigener Erfahrungen und Überlegungen.], gepaart mit engeren Beziehungen zu „Inskribierten" [Anm.#349: So wurden registrierte Prostituierte in Wien genannt.] und entsprechenden Reiseerfahrungen, führten dazu, daß Schneider sich mit soziologischer Fachliteratur zur Prostitution beschäftigte. Das Ergebnis war ein Buch, das für die Prostituierten Partei ergriff, jedoch nicht für die Prostitution an sich. Eigene Gespräche hatten ihm die Gründe über die meist aus einer Notlage der Frauen resultierende Berufswahl eröffnet. Seine Erkenntnisse untermauerte er mit umfangreichen Zitaten.

Das häufige Zitieren ist ein typisches Kennzeichen der Bücher Schneiders aus dieser Zeit. So war z.B. auch sein Lexikon der Botanik fast nur aus wörtlich zitierten Definitionen aufgebaut, die den gängigen Lehrbüchern entnommen waren. Dieser Pragmatismus, wenn etwas schon gut und treffend formuliert war, dasselbe nicht noch einmal in eigenen Worten auszudrücken, läßt sich auch auf die Wahl seiner Buchthemen übertragen. Ausschlaggebend war nicht nur sein jeweiliger Beschäftigungsschwerpunkt, sondern, ob er in diesem Bereich eine Lücke auf dem Buchmarkt schließen konnte. So war es beispielsweise mit seinem ersten Buch, den „Winterstudien", dem ersten Bestimmungsbuch für Gehölze in blattlosem Zustand. Und so verhielt es sich mit den dünnen Büchlein der Nachkriegszeit wie „Hecken im Garten", die auf den Bedarf an den besonderen Umständen angepaßter Gartenliteratur im Nachkriegsdeutschland zugeschnitten war.

[Publikationen 1] [Publikationen 2]