A.M.Sarubin, T.N.Bykowa

Nomenklatur, systematische Lage, Systematik der Arten, Kategorien der Verbreitung,

in: Bioökologische Besonderheiten der Pflanzen von Sibirien, die den Schutz brauchen,

Nowosibirsk 1988 (Redaktion K.A.Sobolewskaja), s. 133-148

© 2000 Übersetzung aus dem Russischen von Dr. C.Burkhardt unter Benutzung einer Kurzfassung von Prof. E.Kosmicki.

Paeonia lactiflora Pall, Reise, 1776, 3:286; Peschkowa in Fl. Zentr. Sib. 1976, 1:337. - P.albiflora Pall. Fl. ross. 1788, 2:90, Schipczinski in Fl. SSSR 1937, 7:25, Popow Fl. Sredn. Sib. 1957, 1:225.

Von der Art Paeonia lactiflora wurden verschiedene botanische Variatäten bechrieben. Die typische Form von P. lactiflora ist durch nackte Früchte und weißen Blüten charakterisiert. Es sind folgende Formen bekannt: mit roten Blüten (P.lactiflora var. hirta Regel) und vollen Blüten (P.lactiflora var. hortensis Marina), mit behaarten Früchten (P.lactiflora var. trichocarpa Bunge) (Makedonskaja 1978 a). Kategorie der Seltenheit - 3 (R) - seltene Art

Geographische Verbreitung.

P.lactiflora - ist charakteristisch für Ost-Asien. Auf dem Territorium der Sowjetunion wurden folgende Lokalisationen beschrieben: Zabajkalje (Hinterbaikalgebiet) (Turczaninow 1842; Schipczinski 1937, Ovczinnikov 1941; Popow 1957; Peschkowa 1972, 1979; Malyschew, Peschkowa 1979, 1984; Riedkije u istschesajuschtschije rastienija 1980), Ferner Osten (Komarow 1903; Komarow, Klobukowa-Alisowa 1931; Schipczinski 1937; Woroschilow 1966; 1982; Walowa 1967; Schudowa 1967; Kurientzowa 1968; Udra 1968; Worobjew 1974; Nietschajew 1975; Makedonskaja 1976 a,b, 1977 a; Charkewitsch, Katschura 1981 u.a. (siehe Karte).

Im Hinterbaikalgebiet ist die Pflanze bekannt im Kalganskij, Priargunskij, Nertschinskij, Aleksandrowo-Zawodskij Rayon, und Nertschinskij-Zavosdskij Rayon des Tschitinskaja Oblast. Außerdem im Karymskij, Schilkinskij, Sretenskij, Balejskij, Schelonuginskij und Gasimurowo-Zawodskij Rayon [Tjurina 1967; Peschkowa 1972; 1979; Malyschew, Peschkowa 1979].

Im sowjetischen Fernen Osten wächst sie im Chabarowskij kraj, im Primorskij kraj, im Amurskaja Oblast [Schipczinski 1937; Woroschilow 1966; Walowa 1967; Schudowa 1967; Kurentzowa 1968; Melnikowa 1972; Golyschewa 1973; Schemetowa 1975; Makedonskaja 1976 a, 1978 a, u.a.]. Außerhalb der Sowjetunion ist sie im Pri-Chingan-Gebiet der Mongolei (Schipczinski 1937; Grubow 1955, 1982), in China (Komarow 1903; Hsia Wen-Khum 1936; Fang Wen-pei 1958), in Korea (Nakai 1952) und Japan (Komarow 1903; Schipczinski 1937; Ohwi 1965) bekannt. Nach Meinung von J.Sinoto (1937) wurde diese Art in Japan im 5. Jahrhundert aus China eingefürt. Die klassischen Standorte von P.lactiflora befinden sich im Hinterbaikalgebiet (Zabaikale).

Phytozönotische Bedingungen und Charakteristik der Standorte.

Auf dem Territorium von der Sowjetunion wächst diese Art in Steppen - und Wald-Steppen-Gebieten. Typische Standorte sind offene steinige Abrisse, trockene Wiesen in Flusstälern, Waldlichtungen, lichte Waldränder, Sträuchergruppen, breite Flusstäler und Flussufer (Schipczinski 1937; Ovczinnikov 1941; Popow 1957; Tjurina 1967; Galaktionow 1962; Malyschewa 1975; Peschkowa 1972, 1979; Makedonskaja 1976 a, 1977 a, 1978 a; Malyschewa, Peschkowa 1979; Charkewitsch, Katschura 1981 u.a.), wo sie ein Bestandteil gemischter Pflanzengesellschaften ist.

In Zabajkalje (Hinterbaikalgebiet) sind Paeonien - Steppen bekannt. Erstmalig wurden sie von G.A.Peschkowa (1972) beschrieben, welche sie lediglich in den süd-östlichen Gebieten Dauriens (Dahuria) hinter dem Klitschkinskij- Gebirge, östlich des Ortes Dono fand. Besonders große Flächen befinden sich in den Nertschinsko-Zawodskij und Kalganskij Rayon des Tschitinskaja Oblast. Die Paeonien - Steppen sind durchzogen mit Bergabrissen und Schluchten verschiedener Exposition und Steilheit. Die Flächen der Standorte selbst sind ziemlich flach oder wenig-hügelig. Der Grasbewuchs ist mittelhoch und mäßig dicht. Die Böden sind steinige, wenig humuse schwarze Böden, seltener dunkel- braune Waldböden oder Steppenböden. [Zur Veranschaulichung der geographischen Lage habe ich Karten angefertigt. Link!, d.Übers.]

Die Pflanzengesellschaften sind verschieden in Höhe, Dichtheit und Aufbau. Die Flächenbedeckung beträgt 60 - 100 %, die Höhe der Hauptmasse ist 25 - 40 cm, die generativen Teile sind 60 - 90 cm hoch. Die Paeonia - Steppen sind sehr schön während der Blütezeit. In diesen Pflanzengesellschaften dominiert Paeonia lactiflora. Auf einer Fläche von 100 m2 wachsen 200 - 300 prächtige Exemplare. Sie bedecken die Fläche zu 20 - 40 %. Die Begleitvegetation besteht aus: Stipa baicalensis, Koeleria cristata, Leymus chinensis, Poa attenuata. Häufig vertreten sind auch folgende Pflanzen: Scabiosa comosa, Lilium pumilum, Iris dichotoma, Scutellaria baicalensis, Veronica dahurica, Bupleurum scorzonerifolium, Galium verum, Dianthus versicolor, Dictamnus dasycarpus, Platycodon grandiflorus, Schizonepeta multifida, Trigonella ruthenica, Sanguisorba officinalis, Serratula centauroides, Trifolium lupinaster, Potentilla tanacetifolia, Filifolium sibiricum. In den Paeonien - Steppen wurden insgesamt 127 Arten gefunden. Auf einer Fläche ovn 100 m2 wachsen 40 - 50 Arten. Peonia lactiflora ist auch ein Bestandteil anderer Steppen-Typen (Tanacetum - Steppen, Stipa - Steppen u.a.), wo auf einer Fläche von 100 m2 40 - 100 Exemplare von Paeonia wachsen. Sie bedecken dort 5 - 10 % der Fläche. Durch die Beweidung mit Rindern werden die Pflanzenhorste aber kleiner und sterben mit der Zeit ab.

Morphologie, Lebensform und somatische Chromosomenzahl

P. lactiflora ist eine Staude. Ihr unterirdische Teil besteht aus einem vertikalen Wurzelapparat mit spindelförmigen Wurzelverdickungen, mit Neben- und Assimilatioswurzeln. Der Wurzelapparat ist kurz und bildet die Grundlage für die Erneuerung der oberirdischen Triebe. Aus ihren Knospen entspringen junge Neben- und verdickte Vorratswurzeln, oder Knollenwurzeln, von denen schnurförmige Wurzeln von ca. 1 cm Durchmesser und 100- 150 cm Länge ausgehen. Sie breiten sich horizontal in einer Tiefe von 20- 25 cm aus und besitzen wasserspeichernde Wurzeln. An den Enden der Vorrats- und schnurförmigen Wurzeln sind dichte Läppchen(?) von assimilierenden Wurzeln. Sie sind dünn und kurz und einjährig. Die Wurzeln sind quer-gefurcht, braun, im Schnitt weißlich-rosa. [Vereschtchagina, 1966, 1971; Telnuchewskaja, 1974, Makedonskaja, 1978a].

Große kompakte Büsche erreichen eine Stielhöhe von 60- 120 cm [Alexejew et al., 1971, Malyschewa, 1975, Peschkowa, 1979]. Sie haben 5- 7 Blätter. Sie sind gleichmäßig angeordnet, biternat, oberseits dunkelgrün, unterseits heller, kahl oder mit kurzen Haaren entlang der Nerven. Die terminalen Blättchen sind 5- 15 cm lang und 1.5 - 5 cm breit, ganzranding, länglich oder lanzettlich, gestielt oder sitzend, zugespitzt, an der Basis keilförmig verengt, steif, an den Rändern leicht knorpelig-gezackt (?). [Schipczinski, 1937; Makedonskaja, 1978a, Pesckkowa, 1979 und andere].

Für die Art typisch sind die weitgeöffneten Blüten. Die Blüten sind endständig, groß, bis 20 cm im Durchmesser, mit angenehmem Duft, und reichlich, an einer Pflanze können es 30 oder mehr sein. Die Blütenkrone besteht aus 5- 8 umgekehrt eiförmigen, milchig- weißen oder hell- rosafarbenen Petalen. Die Sepalen sind in der Zahl 3, dunkelgrün, ledrig, stark zurückgebogen. 2 von ihnen sind abgerundet, eine hat ein verlängertes Ende. Die Staubfäden sind vielzahling, gold-gelb. Die Fruchtblätter stehen zu 3- 6, sind unbehaart, und haben eine rosa Narbe [Schipczinski, 1937; Makedonskaja, 1978a, Redkije i istschesajuschtschije rastenija ..., 1980]. Die Früchte sind blattförmig, dünnwandig, ledrig-fleischig, zuerste gerade, später gekrümmt zurückgebogen während des Reifeprozesses, kahl, braun gefärbt. Sie öffnen sich nicht vollständig, platzen aber stark auf der bauchigen Seite. [Makedonskaja, 1977b, Peschkowa, 1979]. Die Samen sind oval, eckig, dunkel-braun oder schwarz, glänzend, 0.5 0.7cm lang und 0.4 - 0.5 cm breit, 1000 Samen wiegen 90.4 g [Schipczinski, 1937, Makedonskaja, 1977b, 1978a].

Nach Literaturangaben ist die P. lactiflora diploid : 2n=10 [Stebbins, 1938, Sokolowskaja, 1966, Chromosomskaja tchisla..., 1969].

Ökologie.

Paeonia lactiflora liebt sonnige offene Standorte. In starkem Schatten blüht sie schlecht oder bildet keine Blüten. Als Xeromesophyt liebt sie keine saure Böden, besonders mit Staunässe. Sie braucht aber genügend Wasser im Frühling und in der Wachstumsperiode,während der Blütezeit und zur Bildung der Knospen. Gut wächst die Pflanze auf guten Böden, mit reichlich mineralischen und organischen Substanzen auf lehmigen und sandigen Böden. Letztere werden bevorzugt. Die Pflanze wächst aber gut in allen Böden ohne Staunässe Wasser. Auf Weiden P. lactiflora stirbt ab, weil die Böden verdichtet werden. Sie wächst unter diesen Bedingungen nur unter Bäumen und Sträuchern, wo die Lüftung des Bodens besser ist. P.lactiflora ist winterhart und unempfindlich gegen Brände, weil die neuen Knospen 5 - 6 cm tief im Boden sind. Jedoch begrenzen Brände sowie Bodenbearbeitung und Haustiere das Wachstum der Pflanzen. Die Anzahl der Stiele wird geringer (Malyschewa 1975; Makedonskaja 1978).

Ontogenese

Zu den Besonderheiten der Päonien zählen die verzögerte Keimung der Samen die langsame Entwicklung des Fortpflanzungsapparates.

Die Samen mit gering entwickelten Embryonen besitzen Charakteristika einer besoderen Periode der postembryonalen Differenzierung, die sie außerhalb des Mutterpflanze durchlaufen. [Iwanowa, 1967; Uspenskaja, 1972].

Der Samen beginnt bei steigenden Temperaturen (18—20°) das Wachstum der Keimwurzel und des Hypocotyls, und es differenziert sich die Knospe. Der Samen quillt an und im Laufe von 30—40 Tagen nach Aussaat beginnt er sich zu öffnen. Die Keimung der Samen beginnt im Laufe von 10—12 Tagen. Das ruhende Epicotyl beginnt das Wachstum nur beim Übergang zu niedrigen Temperaturen (3—5°C). In der Natur geschieht das in der Periode von Herbst bis Winter [Gorobetz, 1976]. Bei sofortiger Aussaat keimt etwa 40—50% von ihnen im Frühling des nächsten Jahres, die restlichen im Laufe des Jahres. Wenn der Samen gut ausreift und nicht eintrocknet, keimt er schon im Frühjahr des folgenden Jahres, oder im 2. Jahr nach Aussaat [Krasnowa, 1971].

Der Keimsproß der Samen ist sehr klein, seine Masse ist 600x geringer als die des Endosperms. Das Endosperm ist arm an Eiweißen und Fetten, die fermentale Aktivität in ihm ist gering. All diese Faktoren: unterentwickelter Keimsproß, seine geringe Größe, der geringe Gehalt an endospermalen wichtigen Nährstoffen und die enzymatische Unausgereiftheit zusammen bedingen die verzögerte Keimung der Samen bei den Päonien [Wasiljewa, 1972; Malyschewa, 1975; Gorobetz, 1970].

Bei P. lactiflora ist die Keimung der Samen epigäisch. Die Knospe verbleibt im Jahr der Keimung entweder ruhend, oder es entstehen 1—2 Blätter. Der Sämling erreicht eine Höhe von 8 –9 cm. Das Epicotyl entwickelt sich nur schwach, das Hypocotyl ist kurz. Die Hauptwurzel erreicht eine Tiefe von 8 cm, es entstehen wenige dünne Verzweigungen. Zum Ende der ersten Vegetationsperiode entwickelt sich bei der jungen Pflanze eine Spitzenknospe mit 3-4 Schuppen und 2—3 Blattanlagen des kommenden Jahres. In den Blattachseln des Keimlings bilden sich die Knospen.

Im Verlauf von 2- 3 Jahren entstehen an den obersten Augen des Haupttriebes eine unwesentliche jährliche Zunahme, er besitzt 2—3 Assimilationsblätter und 2—3 schuppenförmige Blätter an der Basis. Die Knospen der Erneuerung verbleiben als potentielle Knospen der unteren schuppenförmigen Blätter für das Wachstum des folgenden Jahres. An der Basis der Hauptwurzel und des Hypocotyls beginnt allmählich die Herausbildung von schnurförmigen Wurzelverdickungen. In seinem hypocotylen Teil eintwickeln sich Nebenwurzlen. Im Ergebnis des Eintauchens in die Regenerationsknospen der Basis der unterirdische Triebe formieren sich kurze vertikale Wurzeln . Auf ihren Knotenpunkten entstehen Nebenwurzeln, die sich später knollenförmig verdicken. Mit der Zeit wird der Wurzelapparat mehrtriebig und wächst deutlich im Umfang.

Die Pflanze blüht zum ersten Mal im 5.- 6. Jahr. Bei erwachsenen Individuen öffnen sich jedes Jahr 2—5 Knospen. Große Knopsen (über 2 cm Größen) ergeben kräftige Triebe und große Blüten. Mittelgroße Knospen (1—2cm) ergeben nur großen nichtblühende Triebe oder mittelstarke Triebe und Blüten Aus den kleineren Knospen (weniger als 1cm Höhe) entwickeln sich Blätter oder schwache nichtblühede Triebe [Telpuchowskaja, 1974]. Die übrigen Knosepen verbleiben ruhend.

Die generativen Triebe sind monozyklisch mit 4—5 herzförmigen Blättern bei jungen und 7—10 bei erwachsenen Individuen [Barykina et al, 1976 ].

Die monokarpischen Triebe der Päonien besitzen einen 2-jährigen Entwicklungsrhythmus, der sich über 3 Vegetationsperioden (26—27 Monate) erstreckt [Makedonskaja, 1977a, 1978b]. Als mehrjährige staudige Pflanze, die wiederholt fruchtbare Samen zur Reife bringt, zählt P. lactiflora zu den polykarpen Pflanzen.

Saisonaler Entwicklungs-Ryhthmus

R.M. Malyschewa [1975] unterschied ider Jahresentwicklung der der staudigen Päonien drei Perioden:

1 — Wachstum der Triebe, die in Blüte und Samenbildung ihren Abschluß finden

2 — Formation der Regenerationsknospen und Ausdifferenzierung der vegetativen und generativen Organe der Pflanze;

3 — Ruhezeit.

P. lactiflora beginnt in der ersten Maihälfte zu treiben. In der Regel blüht sie im Juni. Die Blütezeit dauert 3- 4 Wochen, und ist von den Wetterbedingungen abgängig. Eine große Zahl trüber Tage in der Blütezeit verlängert diese Periode, und umgekehrt heißes sonniges Wetter verkürzt sie . Die Samenreife ist im August [Malyschewa, 1975 ].

Die Grundlage für dieRegenerationsknospen wird zu Beginn der Differenzierung in ihren Teilen der Blüte und die Blätter sterben ab im August -September. Im Herbst sind nur die Blütenanlagen ausgebildet, aus denen sich die generativen Organe im Frühjar des nächsten Jahres bilden [Makedonskaja, 1977b, 1978b].

Der oberirdische Teil der Päonien stribt zu Beginn der Frostperiode ab, es überwintert nur der Wurzelapparat. Aufgrund dieses Biorhythmus zählt man P. lactiflora zu den sommergrünen Pflanzen mit einer Vegetations periode vom Spätfrühling bis zum Frühherbst [Schewczenko, 1973; Golubev, Moltchanov, 1978].

Samenproduktivität: Methoden der Vermehrung und Verbreitung

Der Vermehrungsapparat von P. lactiflora besteht aus 3—4 Carpellen, seltener 2—5, manchmal nur 1. Die Carpelle beinhalten zwischen 2 und 27 Samenanlagen, aber nicht alle von ihnen reifen aus [Jakowlew, Joffe, 1957]. Meist degenerieren 5 von 12 Samen während verschiedenen Stadien der Entwicklung. In unseren Untersuchungen fanden wir in einem Blütenapparat von P. lactiflora 43,1 ±1,4 Samenanlagen (minimal 14, maximal 81), die Zahl der sich daraus bildenden Samen betrug lediglich 27,5 ± 1,2, d.h. der Koeffizient der Samenbildung (vgl. Tabelle) ist im Durchschnitt niedrig (64,5 ± 2,3%).

Während einer Vegetationsperiode von P. lactiflora entstehen auf einer generativen Pflanzen 1- 6 Blütenstände mit insgesamt 7,8 ± 0,4 Carpellen,ihre potenzielle Samenbildungs-Produktivität beträgt 114 ± 5,8, die reale aber nur 57,2 ± 3,7. 1-5

Samenbildungsproduktivität von P. lactiflora (n= 100)

Elemente der Samenproduktion

lim

x±m

s

Cu

pro Blütenbstand

 

 

Anzahl der Fruchtblätter

eins bis 5

3,4±0,1

0,9

25,9

Samenanlagen

14—81

43,1±1.4

14,4

33.4

Samen

drei bis 69

27,5±1,2

12.3

44,5

Koeffizient der Samenbildung %

0—100

64.5±2,3

23,4

36,3

pro generative Pflanze

 

 

Anzahl Blütenstände

1-6

2.3±0,1

1,4

59,4

Gesamtzahl der Fruchtblätter

1—23

7,8±0,4

4,2

54,3

Samenanlagen

27-301

114±5.8

57,8

50,7

Samen

5-188

57,2±3,7

36,7

64,2

õ — arithmetisches Mittel; ò — Abweichung vom arithmetischen Mittel ; s- mittlere quadratische Abweichung; Cu — Koeffizient der Varianz ; lim - Minimum/Maximum

In der Natur vermehren sich die Päonien durch Samen. Zur Verbreitung tragen Vögel bei [Nemirowitch-Dantchenko, 1980]. Vegetative Vermehrung tritt sehr selten auf und spielt in der Natur zur Verbreitung dieser Art keine Rolle. Dies ist möglich durch Teilung der Horste von älteren Individuen [Makedonskaja, 1978b].

Gedanken zur Abstammung der Art

Die Gattung Paeonia ist ein Relikt der tertiären mesophilen Flora. Als Heimat wird Südost-Asien und der Kaukasus angesehen. Es ist wahrscheinlich, daß sich die Vorfahren der heutigen Paeonien in schattigen Wäldern des Tertiär entwickelt haben. Das war ein Strauch mit den ungeteilten oder wenig geteilten breiten Blattsegmenten, die auf beiden Seite der Blätter grün und unbehaart waren, große gelbe Blüten, lange nackte, hängende Früchte hatten. Von diesen strauchigen Paeonia - Arten stammen die staudigen Paeonien ab. Unter den gegenwärtigen Arten sind die im Kaukasus wachsenden sowie P.lactiflora die ältesten. Sie besitzen viele primitive Eigenschaften, die direkt ihren Vorfahren stammen: die gelbe Farbe der Blüten, das Fehlen von Härchen auf den Blättern und Früchten [Kemularia - Natadse 1958, 1966; Malyschewa 1975; Uspenskaja 1976]. Es ist wahrscheinlich, daß Paeonia lactiflora nur auf Gebieten ohne Vergletscherung überleben konnte [Makedonskaja 1978 a].

Biochemischer Gehalt In den Arbeiten von I.K. Fruentowa [1974] und L. I. Schröter [1975] wurde erwähnt, daß das Laub von P. lactiflora Flavononoide enthält. In den Wurzeln sind Asparagin, Benzoin- und Salicyl- Säure, Methylsalicylsäure-esther, Gerbstoffe, Stearin-, Stärke-, Alkohole, Harze, Fette nachweisbar. In den Wurzeln sind außerdem nachweisbar Chinone, Spuren von Alkaloiden und Kumarin. Der Samen enthält Eiweiß, Fett, Aminosäuren und reduzierte Zucker. Stärke ist im Endosperm reifer Samen nicht nachweisbar [Zinger, 1951].

Wirtschaftliche Bedeutung.

Peonia lactiflora gehört schon seit vielen Jahrhunderte zu den Zierpflanzen der Gärten und Parks. Weisse und rote Varietäten wurden schon 536 n.Ch. in China bekannt. Am Ende des XVI. Jahrhunderts waren schon 30 Sorten dieser Paeonien erwähnt. Im XIX. Jahrhundert wurde diese Paeonien - Art in Europa eingeführt (Gorobez 1976). Nach der gegenwärtigen Meinung ist die Vielzahl der Sorten nicht aus Hybriden zwischen P.lactiflora und anderen Arten entstanden. Die Mehrzahl der Gartenformen von Paeonia (mehr als 10 000 Arten) stammt von der wilden Art Paeonia lactiflora ab. Sie unterscheiden sich in Größe, Aufbau, Farbe der Blüten, Zeit und Länge der Blütezeit, Bau der Pflanze, Höhe und Länge der Stiele. Die Blüten vieler Sorten besitzen einen charakterischen Duft (Malyschewa 1975). Die

Paeonia - Arten sind wertvoll für städtische Grünanlagen und haben große schöne Blüten. Im Herbst sie die Blätter sehr dekorativ durch den Farbstoff Anthozyan. Die Paeonia - Arten gehören zu den ausdauerndsten und widerstandsfähigsten Zierpflanzen. Sie wachsen auch gut an kühlen trockenen Standorten. Sie können lange am selben Standort wachsen (wenn keine Staunässe ist) (Schipczinski 1937; Ganienko 1960; Malyschewa 1975).

Die Wildform von Paeonia lactiflora erreicht auf normalen Gartenböden eine Höhe von 1,2 m, mit 6 - 15 Blütenstielen. Die Kultursorten haben einen höheren Zierwert als die Wildform: sie haben eine größere Anzahl von Stielen, größere Blätter und Blüten. Die Blütezeit der wildwachsenden Form ist etwas früher als die der Gartensorten, sie liegt in der zweiten Juni-Dekade. Paeonia lactiflora ist frosthart und unempfindlich gegen Schädlinge und Krankheiten.

Dank ihres hohen Zierwertes und anderer guten Eigenschaften wächst Paeonia lactiflora in Kultur in zahlreichen Gebieten unseres Landes (Awrorin 1958; Krawtschenko 1958, 1969; Woloschin und andere 1959; Skripka 1959, 1960, 1961; Ganienko 1960; Subkus 1961, 1968, 1971; Wegener 1968; Wereschtschagina 1963, 1968, 1972; Andrejew, Golowkin 1962; Awstratztrian, Germanian 1967; Sajtzewa 1967, Mitulinskaja 1967, Ewtiuchowa 1968; Krasnowa 1968, 1971; Piroschenko 1969, 1973; Andrejew 1972; Hitowa, Sorubina 1972; Nasarowa 1972; Iwanowa 1973; Sadydow 1973; Schewtschenko 1973; Malyschewa 1975; Makedonskaja 1975, 1976 a, 1977 a, 1978 b; Lenotiew 1975; Wrischtsch 1977, Slisik 1977; Telpuchowskaja 1974; u.andere) und auch in anderen Ländern von Asien (Harding 1917; Miyazawa 1932; Sinoto 1937), Europa (Baker 1884; Huth 1892; Nagels 1905; Miyazawa 1930; Leak 1931; Stern 1931, 1946) Amerika (Harrison 1904; Cort 1908; Harding 1917; Saunders 1927, 1931, 1932, 1933; Miyazawa 1930; Steyer 1937; Sampson 1955 u.a.).

Die Wurzeln von Paeonia lactiflora werden in der Medizin verwendet. Sie werden in der chinesischen, thibetanischen und der Volksmedizin verschiedener Länder bei gynäkologischen, Lungen-, Magen-, und Darmkrankheiten als schmerzlinderndes, beruhigendes und harntreibendes Mittel u.s.w. angewandt (Fruentow 1974; Schröter1975).

Einführung in die Kultur

Die Pflanze wurde in Gorki (1939), Leningrad (1946), Tomsk (1949), Kiev (1949, 1965), Woronesch (1951), Moskau (1953, 1963, 1969), Nowosibirsk (1953, 1963, 1966), Barnaul (1955), Bakuriani (1957), Berdsk (1959), Kaunas (1960), Tallin (1961), Leninabad (1962), Charkow (1963), Wladiwostok (1965), Riga (1965), Tartu (1965), Omsk (1970, 1974), Swerdlowsk (1973), Kirowsk (1974) (Redkije i istschesajuschtschije widy ... 1983) in Kultur eingeführt.

Paeonia lactiflora wird seit 1966 - 1968 in Irkutsk im BG der Universität (Chilowa, Sarubina 1972) und gleichzeitig auf dem Territorium des experimentellen Abteilung SIFIBRa der Akademie der Wissenschaften der UdSSR kultiviert (Telpuchowskaja 1974). Die Pflanzen stammten aus dem Nertschiskij Rayon des Tschitinskaja Oblast. Sie waren bis 80 cm hoch und haben weiß oder blaßrosa Blüten bis 15 cm im Durchmesser.

In den klimatischen Bedingungen von Irkutsk wächst Paeonia lactiflora gut und hat Blüten. Die Vegetationszeit beginnt in der ersten Mai-Hälfte, innerhalb von 3-4 Wochen erreichen die Stiele eine Höhe von 80 - 100 cm. Auf dem Territorium der experimentellen Abteilung blüht Paeonia lactiflora vom 15. bis 23. Juni, im Botanischen Garten vom 12. bis 25. Juni. Während des Winters sind die Pflanzen mit Schnee bedeckt (ohne Schutz). Die Vermehrung erfolgt in Kultur durch Samen und vegetative Teilung alter Exemplare. Im Botanischen Garten keimte im Februar gesäter Samen im Mai des darauffolgenden Jahres. Diese Exemplare blühen im fünften Jahr nach der Aussaat.

In der Kultur braucht Paeonia lactiflora sonnige Standorte, ist frosthart und wächst gut in normalen Böden. Auf ihrem Standort können die Pflanzen 7- 10 Jahre oder länger verbleiben. Die Pflanzen können einzeln oder in Gruppen auf Beeten, Rabatten, oder zwischen Sträucher gepflanzt werden. Sie eignen sich gut als Schnittblumen.

Mittel für den Schutz.

Aufgrund ihres Zierwertes wird Paeonia lactiflora intensiv während der Blützeit frür Blumensträuße gesammelt. Die Pflanzen werden ausgegraben und Gärten gepflanzt. Die Wurzeln werden massenhaft für Heilzwecke gesammelt. Große Flächen der Paeonien - Steppen wurden für die Landwirtschaft kultiviert. Deshalb wird P.lactiflora immer seltener. Sie wurde ins Rote Buch der Sowietunion eingetragen (Kategorie der Seltenheit 3 - verminderte Größe der Population (Krasnaja kniga ..., 1975, Malyschew, Pieschkowa 1979; Redkije i istschesajuschtschije widy ..., 1981; Sobolewskaja 1984).

Die Art braucht staatlichen Schutz. Es ist notwendig, das Sammeln Blüten und der Wurzeln zu verbieten (nur mit Sondergenehmigung).

Auf einer Tagung über aktuelle Probleme des Pflanzenschutzes von Sibirien in Nowosibirsk 1979 wurde eine Resolution verabschiedet, die der Jahrestagung des Koordinierungsrates der UdSSR zu Problemen der "Biologischen Grundlagen der rationellen Benutzung, des Schutzes und der Verwendung der Pflanzenwelt“ vorgelegt wurde (Erewan 1979) und außerdem dem wissenschaftlichen Koordinierungsausschuß zu Problemen des Umweltschutzes des Wissenschaftsrates der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (Nowosibirsk 1979) unterbreitet. Es wurden Empfehlungen von G.A.Peschkowa für die Organisation des Schutzes auf dem Territorium des Nertschinsko-Zawodskij und Kalganskij Rayon des Tschitinskaja Oblast für ein Argunskij Waldsteppennaturschutzreservat vorgelegt (Ochrana .... 1981), wo sich noch ausgedehnte Paeonien - Steppen befinden.

Zur Zeit befindet sich P. lactiflora unter Naturschutz in zahlreichen Naturschutzreservaten des Fernen Ostens: in den Sejskij (Golyschewa 1973), Bolsche - Chertzinskij (Melnikowa 1972), Ussurijskij (Bezdelena, Charkewitsch 1978), Sichote - Alinskij (Schemetowa 1975) und dem "Kedrowaja Pad" Naturschutzreservat (Pietschajewa 1972, Wasiliew u.a. 1984).